Nachruf zu Ulrich Wilckens

 

Im Alter von 93 Jahren ist Bischof em. Prof. Dr. Ulrich Wilckens vergangenen Woche in Bad Oldesloe verstorben. Wer ihn kennen lernen durfte, hatte Glück, denn er war ein evangelisches Bekenntnis auf zwei Beinen: Erlöster und Sünder zugleich. 1928 in Hamburg geboren, meldete er sich als 15jähriger bei der letzten Mobilisierung zur Waffen SS. Ein Jahr später wurde er in einem Schützengraben von einem Panzer überrollt und überlebte unverletzt. Ein Bekehrungserlebnis für den Jungen, der nach dem Krieg evangelische Theologie zu studieren begann.

Als Theologe machte Wilckens Karriere und war Hochschullehrer in Marburg, Berlin und Hamburg. Von 1981 bis 1991 war er Bischof des damaligen Sprengels Holstein-Lübeck der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche.

Am Ende seiner Amtszeit erkrankte Wilckens an Bauchspeicheldrüsen-Krebs. Dass er trotzdem geheilt wurde, galt ihm als «das zweite Wunder meines Lebens». In der Folge dieser heilsamen Gottesbegegnung dunkelte Wilckens nicht nur theologisch noch einmal merklich nach, sondern entwickelte nach seiner Pensionierung noch einmal eine ungeheure Schaffenskraft. Er übersetzte und kommentierte das Neue Testament und setzte damit Standards für nahezu alle Bibelübersetzungen, die in deutscher Sprache folgten. 

Mit seiner sechsbändigen «Theologie des Neuen Testaments» hat er ein theologisches Vermächtnis hinterlassen, das von dem Geist geprägt ist, sich der Botschaft des NT nicht zu «bemächtigen», sondern im Ursinn des Wortes zu «ver-nehmen», sie mit einem hörenden Herzen zu durchdenken und mit wissenschaftlicher Sorgfalt ihren heilsgeschichtlichen Hintergrund zu erhellen.

Von 1991–2001 war er Bischof für die Kommunitäten in der EKD und ebnete damit maßgeblich den Weg dafür, dass die Kirche diese Gemeinschaften als Sozialgestalt jenseits der Pfarrgemeinde anerkannte. Als theologischer Streiter appellierte Wilckens 2011 zusammen mit sieben weiteren evangelischen Altbischöfen eindringlich an die Synoden aller Landeskirchen, sich dem neuen Pfarrerdienstrecht zu widersetzen und keine homosexuellen Partnerschaften im Pfarrhaus zu tolerieren, da dies nicht mit der biblischen Lehre zu vereinbaren ist.

Ulrich Wilckens war einer der wenigen evangelischen Theologen der Gegenwart, die international und ökumenisch gewichtet wurden. Bis zuletzt pflegte er theologische Korrespondenz mit Papst Benedikt XVI.

Dominik Klenk

 

Von Ulrich Wilckens u.a. im Fontis-Verlag veröffentlicht:

 

Artikel-Nr. 204746 I ISBN: 9783038487463

 

Artikel-Nr. 204002 I ISBN: 9783038480020

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